Projekt "Zeugnissprache"


Die Formulierung und Interpretation von Arbeitszeugnis­sen stellt für Unternehmen und Arbeitnehmer ein ernst­zunehmendes Problem dar: vor deutschen Arbeitsgerich­ten werden jährlich bis zu 30.000 Prozesse wegen Ar­beitszeugnissen geführt. Als Hauptursache für Zeugnis­konflikte gilt die rechtliche Verpflichtung zur wahren und gleichzeitig wohlwollenden Beurteilung, welche gerade­zu zum Gebrauch von Zeugniscodes – freundlichen Flos­keln mit negativer Bedeutung – zwingt: wie sonst sollte man Kritik "wohlwollend" formulieren? Um ein neues Phänomen handelt es sich hier jedoch nicht: bereits in vergangenen Jahrhunderten wurden diverse "geheime" Merkmale in Zeugnisurkunden und Empfehlungsschrei­ben verwendet. Und Gesetzgeber versuchen seitdem vergeblich, Verbote solcher Merkmale durchzusetzen.

Traditionell werden im deutschsprachigen Raum spezifi­sche sprachliche Techniken ("Zeugnissprache") zur Beur­teilung abhängig Beschäftigter verwendet. Im Rah­men des Projekts werte ich Zeugnisse und Empfeh­lungs­schreiben aus dem 18., 19. und 20. Jahrhundert aus und untersuche, inwieweit sich sprachliche Codes und Flos­keln sowie der Umgang damit über die Zeit verändert haben und inwieweit es Kontinuitäten gibt. Hierbei neh­me ich auch Bezug auf die Entwicklungen im englischen Sprachraum. Ziel des Projekts ist, die heutigen Probleme der Zeugnisschreibung – insbesondere auch das Prob­lem der Notenzuordnung in der Zeugnissprache – durch bessere Kenntnis ihrer Entwicklung fundierter beurteilen und praktikable Lösungsvorschläge erarbeiten zu kön­nen. Eine Publikation ist in Vorbereitung.




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